BMBF-Projekt SynErgie stellt Zwischenergebnisse vor

Flexibilität muss Zielgröße werden

Presseinformation März 2018 /

Energie aus erneuerbaren Ressourcen ist nicht immer gleichermaßen verfügbar. Deshalb arbeitet das Fraunhofer IPA in dem vom BMBF geförderten SynErgie-Konsortium seit September 2016 daran, Industrieprozesse flexibler zu gestalten. Geleitet wird das Vorhaben vom EEP der Uni Stuttgart und dem PTW der TU Darmstadt. Beim Doktorandenseminar am 12. und 13. April 2018 in Stuttgart stellen die Partner erste Ergebnisse vor.

© Fraunhofer IPA
Modell einer Energiesynchronisationsplattform, mit der Unternehmen und Energieanbieter den Energiebestand mit der Produktion in Einklang bringen.
© TRIMET Aluminium SE
Flexibler Betrieb einer Aluminium-Elektrolyse
© C&C Bark
Gasbetriebener Magnesiumdruckgussprozess: Ansatzpunkt für eine bivalente Energieversorgung.

Ziel des Projekts SynErgie ist es, die Industrie maßgeblich mit Strom aus erneuerbaren Ressourcen zu versorgen. Allerdings erzeugen Solarparks oder Windkraftanlagen je nach Wetterlage und Jahreszeit unterschiedlich viel Energie. Aufgabe der Partner ist es daher, Industrieprozesse an eine volatile Versorgung anzupassen.


Flexibilität und Effizienz in Einklang bringen

Bei den Prozessen stellte sich heraus, dass Flexibilitätspotenziale in fast allen Branchen vorhanden sind. Diese lassen sich aber nur heben, wenn die Prozesse weiterentwickelt werden. Eine Herausforderung ist dabei, Flexibilität und Effizienz in Einklang zu bringen. »Maschinen sind heutzutage vorrangig darauf ausgelegt, möglichst effizient in ihrem Betriebspunkt zu arbeiten, und das zumeist mit einem Energieträger. Mit der Energiewende wird es auf der Verbraucherseite zunehmend zu einem Paradigmenwechsel kommen, indem Anlagen bezüglich des Energiebezugs immer flexibler und somit auch außerhalb des bisherigen energetischen Optimums betrieben werden müssen«, erklärt Professor Alexander Sauer, der das Projekt am Fraunhofer IPA leitet. Als erweiterte Alternative zum flexiblen Energiebezug biete sich auch der Wechsel des Energieträgers an, zum Beispiel von Gas auf Strom, da so bewusst das Energienetz be- oder entlastet werden kann, ergänzt der Experte. Um die Chancen zu nutzen, muss Flexibilität neben den bisherigen Planungsparametern im Produktionsprozess als feste Optimierungsgröße etabliert werden. »Mit einer flexiblen Betriebsweise von energetischen Verbrauchern können wir Schwankungen im Energiesystem begegnen«, fasst Sauer zusammen.

Um die flexibilisierten Prozesse zu vernetzen und zu digitalisieren, werden Konzepte für die Informations- und Telekommunikation (IKT) benötigt. Die IPA-Experten arbeiten im Projekt an einer IT-Plattform, die Unternehmen und Energielieferanten zusammenbringt. Als Basis dient die am IPA entwickelte Cloud-Plattform Virtual Fort Knox. »Eine Grundvoraussetzung ist, alle Bestandteile der Energieversorgungskette an die Plattform anzubinden und einen durchgängigen Informationsfluss zu gewährleisten – vom Windpark bis zur Maschine in der Produktionslinie«, erklärt IPA-Forscher Dennis Bauer, der in diesem Projektcluster mitwirkt. Digitale Services, die auf der Plattform laufen, greifen auf die Daten zu und bestimmen den bedarfsgerechten Einsatz verschiedener Flexibilitätsoptionen, welche aktuell zur Verfügung stehen. Hierfür wurde gemeinsam mit Partnern ein durchgängiges Datenmodell entwickelt, das alle Schritte von der Erfassung über die Optimierung bis zur Vermarktung der Energieflexibilität mit digitalen Services beinhaltet.


Neue Zielgrößen geben den Ton an

Die vernetzten und digitalisierten Prozesse lassen sich nach verschiedenen Zielkriterien optimieren. Dafür werden neuronale Netze entwickelt, um mit gezieltem Training künstliche Intelligenz soweit zu befähigen, konkrete Anwendungsprobleme zu lösen. Dazu gehören etwa die Minimierung des Modellierungsaufwands. Außerdem arbeitet das Konsortium an einer neuartigen Regelungsstrategie für virtuelle Kraftwerke. »Mehrere kleine Energiequellen, zum Beispiel Solarzellen auf Hausdächern, werden virtuell zu einem großen Kraftwerk zusammengeschlossen. Jetzt gilt es, die Verteilung zu optimieren«, informiert Bauer. Das SynErgie-Konsortium entwickelt zudem Umsetzungsstrategien, um energieeffiziente Prozesse bei schwankenden Energiepreisen bestmöglich in den Produktionsplan zu integrieren. »Geeignete Arbeitsschritte könnten teilweise kurzzeitig beschleunigt oder verlangsamt werden, um so auf den momentanen Leistungsbezug Einfluss zu nehmen«, weiß der Experte.

Über das Projekt

SynErgie ist eines von vier Teilprojekten der Forschungsinitiative »Kopernikus-Projekte für die Energiewende«. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Projekte bis 2019 mit 120 Millionen Euro. Ziel ist, die Energiewende in Deutschland zu meistern. Dabei adressiert SynErgie die Industrieprozesse, andere Schwerpunkte von Kopernikus sind die Weiterentwicklung der Energie-Netzstrukturen und der Energiespeicherung. Das Vorhaben wird bis 2019 mit zirka 30 Millionen Euro gefördert. Anschließend sind zwei weitere Förderphasen für die Dauer von insgesamt weiteren sieben Jahren in Aussicht gestellt. Die Projektleitung teilen sich das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt und das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart. Betreut wird das Projekt vom Projektträger Jülich (PtJ). Insgesamt arbeiten über 100 Partner aus Industrie, Forschung und Gesellschaft im Konsortium mit.

Über das Doktorandenseminar

Das vom SynErgie-Konsortium initiierte Doktorandenseminar hat zum Ziel, die exzellente Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sicherzustellen. Die rund 80 Promovierenden des Projekts erhalten damit eine Plattform, um ihre bisherigen Ergebnisse vor einem kritischen Fachpublikum vorzustellen und zu validieren. Im Sinne eines interdisziplinären Austauschs kommen die Doktoranden aus den unterschiedlichsten Fachdisziplinen wie Ingenieurwissenschaften, Informatik, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Volks- und Sozialwissenschaften. Am 12. und 13. April 2018 findet die Veranstaltung in Stuttgart zum zweiten Mal statt. Für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt ist das Format bislang einzigartig.