Die filmisch-chemische Oberflächensauberkeit muss messbar werden

Mediendienst September 2015 /

In der heutigen Zeit entscheidet die Oberfläche und deren Sauberkeit immer stärker über die Qualität von Bauteilen: Sowohl bei Füge- als auch bei Beschichtungprozessen können nur sehr geringe Mengen von filmisch-chemischen Rückständen auf den Bauteiloberflächen toleriert werden. Da bislang noch keine einheitlichen Standards existieren, wie diese Oberflächenreinheit zu prüfen und zu bewerten ist, arbeitet das Fraunhofer IPA mit einem Verbund aus Industrieunternehmen nun eine deutschlandweite Richtlinie aus.

© ISS DEBEOS STUDIOS, Harry Ruckaberle
Mikroskopische Partikelanalysen nach VDA Band 19.1.

Bisher war der Begriff der Technischen Sauberkeit überwiegend auf Verschmutzungen wie Stäube, Feinstspäne oder Fasern als kompakte Partikel beschränkt. Hier findet momentan eine deutliche Ausweitung der Sauberkeitsthematik statt, insbesondere in der Automobil- und Zulieferindustrie. »Bei der Montage wird immer mehr geklebt, geschweißt, gelötet oder Bauteile werden zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften beschichtet«, informiert Dr. Markus Rochowicz, Gruppenleiter Reinheitstechnik am Fraunhofer IPA. Die Rechnung geht allerdings nur auf, wenn das Bauteil nicht mit Fetten und Ölen kontaminiert ist. »Schon kleinste filmische Verunreinigungen können zu schwerwiegenden Fehlern bei der Weiterverarbeitung der Bauteile führen«, meint der Experte.

Fehlende Standards bringen wirtschaftliche Folgen mit sich

Die Sauberkeit der Bauteile zu ermitteln, sorgt derzeit in der gesamten Branche für Schwierigkeiten: »Bislang ist nicht definiert, was ‚frei von filmisch-chemischen Kontaminationen‘ bedeutet. Es existieren weder einheitliche Messverfahren noch Grenzwerte«, erklärt Rochowicz. Der Missstand bringt wirtschaftliche Konsequenzen mit sich: »Unternehmen möchten ihre Bauteile schon so sauber einkaufen, dass sie direkt verarbeitet werden können. Zulieferer mussten schon Sauberkeitsspezifikationen ablehnen, weil sie die geforderte Sauberkeit nicht nachweisen konnten«, so Rochowicz. Auf Initiative der Mahle AG hat ein Verbund aus Industrieunternehmen das Fraunhofer IPA nun beauftragt, deutschlandweite Richtlinien zur Prüfung der Oberflächensauberkeit in Bezug auf filmisch-chemische Rückstände auszuarbeiten. Das erste Treffen mit den IPA-Wissenschaftlern und dem Industrieverbund findet am 20. Oktober statt.

Jahrelange Erfahrung in Reinheitstechnik und Oberflächentechnologie

Die Stuttgarter Forschungseinrichtung verfügt über jahrelange Erfahrung bei der Bauteilsauberkeitsprüfung. »Wir haben bereits vor über zehn Jahren eine deutsche Richtlinie zur technischen Sauberkeit von Fahrzeugkomponenten erarbeitet – die VDI 19. Aktuell sind wir dabei, das internationale Pendant ISO 16232 zu überarbeiten« sagt Rochowicz. Auch für die Standardisierung der Messverfahren in der Oberflächensauberkeit hinsichtlich der filmisch-chemischen Rückstände ist das IPA bestens gewappnet: »Mit unseren Kollegen aus den Bereichen Beschichtungssystem- und Lackiertechnik sowie Galvanotechnik besitzen wir das Know-how, um einen solchen Leitfaden zu erstellen«, ist Rochovicz überzeugt. Bis zur Veröffentlichung wird es allerdings noch eine Weile dauern. »Anders als bei den Partikelverunreinigungen müssen hier Prüfverfahren teilweise erst noch entwickelt werden. Erst, wenn hier Ergebnisse vorliegen, können wir die Methoden konkretisieren und Grenzwerte festlegen«, erläutert der Experte.