Prozessentwicklung für die Galvanotechnik

Schichteigenschaften und Oberflächenfunktionen

Die Anwendung einer galvanischen Beschichtung verfolgt immer das Ziel, eine oder mehrere Oberflächeneigenschaften für ein Bauteil zu generieren. Neben weit bekannten und klassischen Eigenschaften wie Korrosionsbeständigkeit, Korrosionsschutz, Verschleißschutz, Härte und Glanz oder Glanzgrad können dies auch spezifischere Oberflächenfunktionen wie Übergangswiderstand, Farbe, Duktilität, Reibwert oder Reibung, Haftung, Haftfestigkeit oder Temperaturbeständigkeit sein. Der Vorteil der galvanischen Beschichtung ist es, all diese Eigenschaften ökonomisch, ökologisch und skalierbar industriell darstellen zu können. Wir identifizieren für jede Aufgabenstellung die relevanten Eigenschaften und bringen diese auf das Bauteil unserer Kunden.

 

Schichten und Verfahren

Zur Erzielung dieser Eigenschaften werden in der industriellen Praxis eine Vielzahl verschiedener Verfahren eingesetzt. Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung haben wir Expertise in allen relevanten Bereichen wie beispielsweise im Bereich der Tribologie mit dem Hartverchromen, dem Abscheiden von Nickellegierungen inklusive chemisch Vernickeln oder im kathodischen Korrosionsschutz mit dem Verzinken oder dem Abscheiden von Zinklegierungen, vor allem von Zink-Nickel. Aber auch dekorative Verfahren wie Verkupfern, Vernickeln und Verchromen stehen in unserem Fokus. Zu den speziellen Verfahren gehören solche zum Erzielen spezifischer elektrischer Eigenschaften aus dem Bereich Versilbern, Vergolden und Verzinnen. Auch die Oberflächentechnik von Leichtmetallen mit dem Anodisieren, also dem Abscheiden von Eloxalschichten, und spezielle galvanotechnische Verfahren, beispielsweise das Elektropolieren oder die Galvanoformung werden von unseren Kompetenzen abgedeckt. Neben dem Veredeln von Metallen gehört auch die Kunststoffmetallisierung zu unserem Leistungsportfolio. 

 

Unser Dienstleistungsangebot

Für die genannten verfahrenstechnischen Fragestellungen unterstützen wir unsere Kunden in vielfältiger Art und Weise bei der Weiterentwicklung, Modifikation oder Neuentwicklung der jeweiligen Verfahren. Typische Projektformen sind dabei Vorstudien und Machbarkeitsstudien zur Vorbereitung von Entwicklungsprojekten aber auch die Durchführung dieser selbst bis hin zur Hochskalierung in den industriellen Maßstab.

  • © Fraunhofer IPA

    Verfahren zur Anodisation sind weitläufig als Eloxalverfahren bekannt. In einem solchen »umgekehrten« Galvanikprozess − das Bauteil ist als Anode geschalten − wird die Oberfläche mit einer Oxidschicht überzogen. Außer bei Aluminium ist dies noch bei Metallen wie Magnesium und Titan möglich. Bei derartigen Prozessen sind die Schichteigenschaften zwangsläufig nicht nur von den Verfahrensparametern, sondern auch von der Zusammensetzung und Homogenität des Grundmaterials abhängig.

    Wir entwickeln Verfahren zur gezielten Einstellung von Eigenschaften wie Porosität, Verschleißbeständigkeit und Farbgebung. Von Seiten der industriellen Umsetzung wird dies verknüpft mit der Anlagenplanung. Auch Verfahren der plasmachemischen Anodisation werden dabei berücksichtigt.

    Bedingt durch die hohen benötigten Badspannungen verknüpft mit tiefen Elektrolyttemperaturen ist bei Anodisierverfahren der Energiebedarf ein wichtiges Thema. Im Projekt Ökoxal ist es uns beispielsweise gelungen, den verfahrenstechnisch bedingten Energiebedarf um über 40 Prozent zu senken. Dies gelingt nur, wenn in Projekten interdisziplinäre Kompetenzen aus der Verfahrens- und der Anlagentechnik zusammenfließen.

     

    Fachbeitrag August 2021
    Immer eine Herausforderung: Anodisieren von Aluminium

  • © Fraunhofer IPA

    Unter Dispersionsabscheidung versteht man den gezielten Einbau von Fremdstoffen in galvanische Schichten. Die metallische Schicht bildet die Matrix, in die Partikel mit unterschiedlichsten Eigenschaftsprofilen eingebaut werden können. Die verwendeten Partikel sind in galvanischen Elektrolyten unlöslich und haben einen Durchmesser von wenigen Nanometern bis hin zu 0,5 mm. Die Partikelvielfalt reicht vom Hartstoff bis zum Trockenschmierstoff. Auch der Einbau von verkapselten Flüssigkeiten in metallische Schichten ist möglich.

    Die definierte Zugabe von Partikeln ermöglicht eine gezielte Modifikation des Schichtsystems, so dass dieses an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden kann, um neue Einsatzmöglichkeiten zu erschließen.

    Der Einbau von Trockenschmierstoffen führt zu einem besseren Gleitverhalten der Schicht, wodurch je nach Anwendung auf eine zusätzliche Schmierung des Systems verzichtet werden kann.

    Durch die Inkorporation von flüssigkeitsgefüllten Nano- und Mikrokapseln in die Metallmatrix ist es möglich, gezielt Wirkstoffkomponenten wie Schmierstoffe oder Korrosionsinhibitoren in eine metallische Schicht einzubauen. Diese Substanzen werden unter chemischer oder mechanischer Belastung freigesetzt und entfalten ihre Wirkung. Galvanisch abgeschiedene Schichten können somit das Trockenlaufen verhindern oder den Korrosionsschutz einer verletzten Oberfläche aufrechterhalten.

    Hartstoffe wie Diamant werden meist in eine metallische Matrix eingebettet, wenn das Bauteil eine abrasive Eigenschaft aufweisen soll, wie bspw. Bohrer, Schneidplatten, Abrichtwerkzeuge. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die Standzeit der Bauteile. Durch den Einsatz von Elektrolyten, die speziell auf die kundenspezifischen Bedingungen angepasst sind, kann die Performance der Schicht deutlich verbessert werden. Wesentliche Faktoren sind dabei die Bestimmung von Schichteigenspannungen, der gezielte Einsatz von Netzmitteln oder eine optimierte Partikelzuführung.

  • © Fotolia

    Metalle wie Kupfer, Nickel, Chrom, Zink oder Edelmetalle sind typische Beispiele für galvanotechnische Schichtwerkstoffe. Sie sind in den verschiedensten Modifikationen seit vielen Jahren im Einsatz. Doch auch diese industriell weit verbreiteten Schichten müssen immer wieder an neue Anforderungen angepasst werden. Dies umfasst insbesondere den Produkteinsatz unter Beachtung der teils sehr anwendungspezifischen funktionalen Eigenschaften. Daher ist es unser Ziel, Elektrolyte und Verfahren auf kundenspezifische Anforderungen anzupassen, um eine Steigerung der Produktqualität zu erzielen. Letztendlich ist die Galvanotechnik eine der Haupttechnologien, wenn es darum geht, Produkte zu erzeugen, die den höchsten Qualitätsanforderungen genügen.

    Die Wege zur Zielerreichung sind vielfältig. Das Zusammenspiel der Arbeitsparameter Stromdichte und Temperatur mit der Elektrolytzusammensetzung aus anorganischen Grundkomponenten und organischen Additiven bietet eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Diese Variationsmöglichkeiten bringen breite Einstellmöglichkeiten in Bezug auf die erzielbaren Schichteigenschaften mit sich. Gleichzeitig führen breite Varianzmöglichkeiten auch dazu, dass in der industriellen Produktion viele Parameter kontrolliert und innerhalb des Prozessfensters gehalten werden müssen. Bereits in der Entwicklung von Elektrolyten und Prozessen ist es deshalb notwendig, Prozessfenster so zu gestalten, dass sie für industrielle Produktionen skalierbar sind. Zu den Prozessen zwingend zugehörig sind daher auch Maßnahmen zur Prozesskontrolle, beispielsweise die chemische Analytik. Unsere Kompetenzen bei der Entwicklung von Prozessen innerhalb der Galvanotechnik erstrecken sich von der üblichen Metallabscheidung über die chemische Abscheidung bis zu Anodisierprozessen. Unterstützt wird unsere Kompetenz durch eine umfangreiche Infrastruktur, welche auch eigenentwickelte Plattformen zur Prozessentwicklung beinhaltet.

    Unsere Labore

  • © Fraunhofer IPA

    Binäre oder ternäre Legierungen werden für dekorative und technische Anwendungen industriell eingesetzt. Neue Forderungen in den Eigenschaftsprofilen oder das Verbot einzelner Substanzen führen zu intensiven Entwicklungsarbeiten. Der Vorteil von Legierungsschichten ist, dass deren Eigenschaften durch die Abstimmung der Zusammensetzung sehr spezifisch eingestellt werden können und sie sich entsprechend in vielen Gebieten einsetzen lassen.

    Legierungselektrolyte sind meist sehr komplex zusammengesetzt und arbeiten in einem definierten Prozessfenster, um eine gleichbleibende Legierungszusammensetzung zu ermöglichen. Somit ist es umso wichtiger, dass bei der Entwicklung von Legierungsschichten die industrielle Anwendung und die dafür benötigten Prozessfenster von Beginn an beachtet werden, da es sonst nicht möglich ist, eine technische Umsetzung zu realisieren.

    In unseren aktuellen Arbeiten entwickeln wir bspw. Legierungsschichten, die höchsten korrosiven und tribologischen Belastungen ausgesetzt sind, vor allem als Lagerschicht in Meerwasserkraftanlagen. Eine wesentliche Bedingung für den Einsatz im Meerwasser ist eine möglichst gleichmäßige Beschichtung ohne Schwachstellen, die aufgrund der Kontaktierung während der Abscheidung auftreten können. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, haben wir eine Spezialanlage zur vollflächigen nahtlosen Beschichtung von Lagern erfunden und umgesetzt.

    Ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung von Legierungsschichten ist die Vielseitigkeit der Anwendung. Aufgrund von unterschiedlich steuerbaren Legierungszusammensetzungen und damit verbundenen Eigenschaftsprofilen lassen sich unendlich viele Einsatzgebiete finden. Durch unsere Erfahrungen sowohl in der Prozessentwicklung als auch in der Auslegung und Planung galvanotechnischer Anlagen, entwickeln wir für Sie die optimale Legierungsschicht.

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