
Im Projekt wurde mit Polycarbonat (PC) ein für das PBF-LB/P-Verfahren neuartiger Kunststoff hinsichtlich seines Verarbeitungsverhalten untersucht. Dabei wurden innovative Prozessstrategien entwickelt, um den Kunststoff bei geringen Bauraumtemperaturen zu verarbeiten.
Das Ziel der von Lean Plastics Technologies GmbH initiierten Durchführbarkeitsstudie war die Entwicklung einer neuen Pulvertype für den industriell hochrelevanten 3D-Druckprozess PBF-LB/P Prozess. Derzeit werden mit 90 % nahezu ausschließlich Polyamid 12 oder 11 verarbeitet. Um die 3D-Drucktechnologie für weitere Anwendungen zu ermöglichen, sind innovative PBF-Pulvertypen notwendig. Mit PC sollte ein amorpher Thermoplast hinsichtlich Herstellung und Verarbeitung getestet werden. Die Anforderungen an das Pulver sind hoch: Es muss möglichst klein (ca. 50 µm) und rieselfähig sein, damit im Drucker gleichmäßige Schichten aufgebracht werden können. Im Prozess muss es sich durch den Laser schnell zu dichten Schichten verschmelzen lassen. Im Rahmen einer ZIM-Durchführbarkeitsstudie sollte die Technologie zur Pulverherstellung von Lean Plastic Technologies mit PC getestet und anschließend vom Fraunhofer IPA hinsichtlich der Verarbeitung im PBF-LB/P-Prozess geprüft werden.
Dem Fraunhofer IPA wurde außerdem das anspruchsvolle Ziel gesetzt, einen möglichst nachhaltigen Prozess zu entwickeln. Hierbei sollte die Bauraumtemperatur nicht wie üblich nahe der Erweichungstemperatur liegen, sondern deutlich darunter. Das soll die Polymeralterung verhindern und eine vollständige Wiedernutzung von nicht verschmolzenem Pulver ermöglichen.
Nachdem es Lean Plastics Technologies gelungen war, ein rieselfähiges Pulver herzustellen, wurden am Fraunhofer IPA erste Versuche zur Verarbeitung auf einer kleinen Industrieanlage durchgeführt. Anhand einfacher Probegeometrien wurden erste Prozessparameter experimentell ermittelt. Es zeigte sich schnell, dass das Pulver ein hohes Potential für die Verarbeitung im Verfahren besitzt. Durch weitere Optimierungen von Laserleistung, Laserverfahrgeschwindigkeit und Linienabstand konnten bei moderaten Bauraumtemperaturen erste Demoteile hergestellt werden. Nach drei Monaten intensiver Forschung demonstrierten die Wissenschaftler des Fraunhofer IPA anhand von Probegeometrien die gute Verarbeitbarkeit. Das nicht verdruckte Pulver wies dabei keine Alterungseffekte auf und konnte ohne Qualitätseinbußen vollständig wiederverwendet werden.
Die Machbarkeitsergebnisse haben dem Kunden experimentell validiert gezeigt, dass die Verarbeitung möglich ist und wo Herausforderungen bei der zukünftigen Entwicklung liegen. In einem Folgeprojekt können nun Pulver und Prozess gezielt weiterentwickelt werden. Fragestellungen zur Verarbeitbarkeit auf Standardindustrieanlagen müssen ebenso beantwortet werden wie umfangreiche Bauteiltest und Möglichkeiten des Post-Processings. Nach dem erfolgreichen Nachweis der Machbarkeit sind Investitionen in weitere Forschungsarbeiten durch das mittelständische Unternehmen mit verbesserten Erfolgsaussichten zu tätigen.
»Die Projektergebnisse haben uns eindrucksvoll demonstriert, dass PC ein hohes Potential für den pulverbasierten 3D-Druck besitzt. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus der Machbarkeitsstudie fällt es uns als mittelständisches Unternehmen leichter, höhere Investitionen in die weitere Forschung zu tätigen.«
Matthias Düngen (Geschäftsführer von Lean Plastics Technologies GmbH)