Neue Technologien zur 3D-Umgebungserfassung und Objekterkennung

Innovative Bildverarbeitung für Serviceroboter

Mediendienst Automatica 2014 /

Lagerroboter sortieren chaotisch angelieferte Teile, Assistenzroboter für den Haushalt unterscheiden zwischen greifbaren Gegenständen und Wohnräumen, Reinigungsroboter erkennen und beseitigen Schmutz: Mit den am Fraunhofer IPA entwickelten Systemen für die dreidimensionale Objekterkennung und Umgebungserfassung können Roboter auch komplexe Aufgaben meistern. Auf der Automatica 2014 präsentiert das Fraunhofer IPA innovative Technologien zur Bildverarbeitung und kollisionsfreien Manipulation in dynamischen Umgebungen.

© Fraunhofer IPA
Dreidimensionale Punktkarte eines Tisches mit Objekten.
© Fraunhofer IPA)
Dreidimensionale Objekterkennung unter partieller Verdeckung und variablen Licht - verhältnissen.

Präzise, schnell, flexibel und für den Anwender einfach bedienbar: Das sind die entscheidenden Kriterien für praxistaugliche 3D-Bildverarbeitungslösungen für Robotersysteme. Das Fraunhofer IPA hat eine vielseitige und flexibel einsetzbare Softwarebibliothek zum automatischen Erkennen und Einlernen von Objekten und der dreidimensionalen Umgebungserfassung entwickelt. Wie Robotersysteme auch in dynamischen Umgebungen kollisionsfreie Bewegungen ausführen und Gegenstände zuverlässig erkennen, klassifizieren und greifen, zeigt das Fraunhofer IPA auf der Automatica 2014.

Texturierte und texturlose Objekte erkennen und klassifizieren

Um Objekte in dynamischen Alltagsumgebungen verlässlich handhaben zu können, müssen Robotersysteme in der Lage sein, Objekte zu erkennen und zu lokalisieren. Die Bildverarbeitung sucht gezielt nach Merkmalspunkten, die zu einem Modell zusammengesetzt und gespeichert werden. Somit lassen sich Gegenstände auch bei wechselnden Lichtverhältnissen und partieller Verdeckung erkennen. Das dreidimensionale Objekterkennungssystem kann auch noch mehr: Aus der Kombination geometrischer Formen kann es auf die Klasse oder Kategorie des Objekts schließen. Der Roboter »weiß«, dass ein Tisch aus einer horizontalen Platte auf vier senkrechten Zylindern besteht, dass die Flasche ein langer Zylinder, die Milchtüte ein Hochkantquader und die Schüssel eine Halbkugel ist. »Dank der Kombination aus Objekterkennung und Klassifikation kann der Roboter selbstständig spezifische Objekte oder generelle Objektklassen ‚erlernen oder intuitiv auf sie trainiert werden«, erklärt Jan Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme. »Auch in veränderlichen Umgebungen kann er Gegenstände zuverlässig wiedererkennen – in weniger als einer Sekunde«. Das Exponat auf der Automatica 2014 zeigt das zuverlässige und schnelle Erkennen beliebiger Objekte unter undefinierten Umgebungsbedingungen.

Umgebung erfassen

Um eine 3D-Karte zu erstellen, erfasst der Roboter seine Umgebung dreidimensional mit einer Kombination aus Farb- und Tiefenkamera, die eine Punktewolke mit exakt zugeordneten Abstandswerten erzeugt. Die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Punktewolken müssen zunächst in einem gemeinsamen Koordinatensystem registriert werden. Danach erfolgt die Segmentierung der Punktdaten in geometrische Primitive wie z. B. Polygone, also Vielecke. Dadurch lassen sich die betroffenen Regionen und Objekte in Echtzeit und sicher identifizieren. Möglich sind somit sowohl die kollisionsfreie Navigation und Manipulation als auch die Fernsteuerung durch einen menschlichen Bediener, der die übermittelten Daten schneller verstehen kann. »Wir haben langjährige Erfahrung in diesem Bereich und können eine vielseitige Technologie anbieten, die sich für unterschiedliche Anforderungen und Anwendungen maßschneidern lässt«, sagt Georg Arbeiter, Projektleiter in der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme.

Am Beispiel eines Handhabungsszenarios zeigt das Automatica-Exponat die kollisionsfreie Manipulation in einer dynamischen Umgebung. Dabei werden Werkstücke abwechselnd von zwei Roboterarmen bewegt, wobei der jeweils andere Arm ein dynamisches Hindernis darstellt. Die vom Fraunhofer IPA entwickelten Verfahren erzeugen aus Kameradaten ein Umgebungsmodell, das als Eingabe für die Bewegungsplanung eines Roboterarms verwendet wird. Es können sowohl bewegliche Hindernisse als auch greifbare Objekte identifiziert werden. Damit ist das Verfahren für Anwendungen geeignet, in denen schnell und flexibel auf veränderte Umgebungsbedingungen reagiert werden muss.

Anwendungen

Die lernfähige, dreidimensionale Objekterkennung und Umgebungserfassung sind in verschiedenen Bereichen einsetzbar und wurden durch das Fraunhofer IPA in unterschiedlichen Anwendungen erfolgreich umgesetzt:

  • in der industriellen Verwendung für autonome fahrerlose Transportsysteme oder für Handhabungs-, Lager- und Sortieraufgaben;
  • als Schlüsseltechnologie für die Entwicklung fortschrittlicher Assistenzroboter, um hilfsbedürftigen Menschen eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen;
  • zur Unterstützung der zunehmenden Automatisierung in der Landwirtschaft, z. B. zur Erkennung von zu pflückendem Obst oder Gemüse oder für Melkroboter zur Erkennung bzw. Lokalisierung der Kuheuter;
  • für Reinigungsroboter zur automatischen Erkennung von Verschmutzungen.