Technologieseminar des Fraunhofer IPA bringt Forscher und Praktiker an einen Tisch

Robotik in der Landwirtschaft – weltweites Zukunftsthema mit enormem Potenzial

Presseinformation Dezember 2014 /

Wo stehen Forschung und Technik beim Einsatz von Robotik und Automatisierungslösungen in der Landwirtschaft, und welche Chancen und Herausforderungen stellen sich für zukünftige Entwicklungen? Das Technologieseminar »Robotik in der Landwirtschaft« des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, das erstmals am 26. November 2014 in Stuttgart stattgefunden hat, brachte Forscher und Praktiker an einen Tisch und gab einen fundierten Überblick und eine Fülle von Antworten auf diese Fragen.

© Fraunhofer IPA
Über 50 Teilnehmer haben sich beim Technologieseminar »Robotik in der Landwirtschaft« über die neusten Entwicklungen und Trends der Branche informiert.

»Die automatisierte Zukunft auf dem Feld und im Stall hat längst begonnen«, bilanziert Martin Hägele, Leiter der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA. Das große Interesse an der IPA-Tagung sowohl bei Landmaschinenherstellern und Agrartechnikausrüstern als auch bei Roboterentwicklern und -herstellern spiegele das enorme Potenzial für Robotik- und Automatisierungslösungen in der Landwirtschaft, die weltweit zunehmend nachgefragt würden. Mit mehr als fünfzig Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Branchen und Disziplinen habe die Resonanz auf die Tagung alle Erwartungen übertroffen, bestätigt Robert Koopmann, der die eintägigen Fachkonferenz organisiert und geleitet hat.

Während Industrieroboter in der Regel unter konstanten Umgebungsbedingungen arbeiten, stellen Verschmutzung, wechselnde Natur- und Wetterbedingungen und die Verbindung von In- und Outdoor-Einsatzgebieten den Robotik-Einsatz in der Landwirtschaft vor zahlreiche zusätzliche Anforderungen, erläuterte Winfried Baum, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPA, die Herausforderungen beim Technologietransfer in die Landwirtschaft. Sensoren, Aktoren, Mechanik und Steuerungstechnik müssen robuster gegen Erschütterungen und Umwelteinflüsse sein als in einer Fabrikhalle. Dennoch sei in kurzer Frist viel High-Tech für die Landwirtschaft entwickelt worden. »Precision farming«, der automatisierungsgestützte gezielte Ressourceneinsatz und der Umgang mit empfindlichen »High value fruits« zum Beispiel bei der Paprikaernte seien Herausforderungen, die als nächstes auf der Agenda stehen.

Nicht nur der Preis, sondern auch die Integration von Einzellösungen in den täglichen Arbeitsablauf entscheide über die Akzeptanz von Automatisierungslösungen bei den landwirtschaftlichen Endanwendern, argumentiert Thilo Steckel, der für den Maschinenhersteller CLAAS automatisierte Logistikstrategien für den optimierten Einsatz von miteinander kommunizierenden Erntemaschinen und Transportkonzepten vorstellte. Amos Albert, CEO der Bosch Startup Plattform, demonstrierte am Beispiel der multifunktionalen Feldroboterplattform »BoniRob« die technologischen Herausforderungen, Marktchancen und Marktbarrieren für den Einsatz autonomer Feldroboter. Mittelfristig ziele ein Konzept wie »BoniRob«, für das auch in einem Projekt unter Beteiligung des Fraunhofer IPA neue Applikationen entwickelt werden, auf die Ablösung des konventionellen Traktors durch ein neues Maschinenkonzept mit flexiblen Anwendungen und klar definierten Schnittstellen.

Konkrete Beispiele aus der Praxis präsentierten Joachim Grünberger von der sächsischen Innovationsschmiede Raussendorf mit dem Obstroboter »Cäsar«, einem autonomen Maschinensystem für Pflanzenschutz, Bodenpflege, Düngung, Ernte und Transport, und Johannes Sonnen, der für die Grimme Landmaschinenfabrik Möglichkeiten für »Precision farming« im Kartoffelbau durch den Einsatz von Assistenzsystemen in der Hackfruchtproduktion vorstellte.

Anhand der Ergebnisse des DFKI Robotics Innovation Center veranschaulichte Prof. Dr. Joachim Hertzberg, wie neue Technologien den Einsatz konventioneller Maschinen auf dem Weg von der Fahrerassistenz zu komplexer autonomer Manipulation revolutionieren. Prof. Dr. Hans W. Griepentrog legte am Beispiel des »autonomen Mechanisierungssystems« AMS der Universität Hohenheim dar, wie Ergebnisse der Grundlagenforschung zur autonomen Navigation auf dem Acker heute schon in die Automatisierung von Teilsystemen und konventionellen Maschinen einfließen. Wo komplexe Sicherheitsfragen noch nicht gelöst sind, bleibt der Einsatz einer menschlichen Instanz vorerst unverzichtbar – aber ihre Möglichkeiten können durch die Adaption von Robotik- und Automatisierungstechniken enorm gesteigert werden.