Roboter unterstützt Tätigkeiten schwerbehinderter Produktionsmitarbeiter

Arbeitsplätze sichern mit Robotik

Presseinformation Mai 2017 /

Im Projekt »AQUIAS« entwickeln Wissenschaft und Industrie Lösungen der Mensch-Roboter-Kollaboration. Beim Demonstrationstag am 10. Mai 2017 präsentierte das Projektteam einen Arbeitsplatz in der Düsenmontage der Firma ISAK gGmbH. Der dort eingesetzte Bosch-Roboter »APAS assistant« arbeitet schwerbehinderten Produktionsmitarbeitern zu und eröffnet ihnen neue Arbeitsmöglichkeiten.

© Ludmilla Parsyak © Fraunhofer IAO
Wie kann die Mensch-Roboter-Kooperation speziell für schwerbehinderte Personen genutzt werden? Der Bosch-Roboter »APAS assistant« verspricht Teilhabe an Arbeit, aber auch Lernpotenzial.
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Mensch-Roboter-Kollaboration: Mit seinem Greifarm zieht der APAS assistant die Werkteile des Mitarbeiters zu sich, bearbeitet sie und schiebt sie danach wieder zurück. So gleicht er die unterschiedliche Reichweite der schwerbehinderten Mitarbeitenden beim Greifen aus.
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Der Roboterarm kann über ein mobiles Touchpad programmiert und gesteuert werden.

Der verstärkte Einsatz von Robotern in der Produktion wirft viele Fragen auf: »Nimmt der Roboter mir meinen Arbeitsplatz weg? Kann er mich entlasten? Ist die Zusammenarbeit mit ihm sicher?« Die Mensch-Roboter-Kollaboration sollte daher nicht nur unter rein wirtschaftlichen Kriterien betrachtet werden. Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zusammen mit Unternehmen die Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Roboter von Anfang an mitgeplant. Das Ergebnis: Der Roboter übernimmt die ergonomisch ungünstigen Aufgaben des Ausgangsarbeitsplatzes, die für den Menschen belastend wirken können. Abschließende Kontroll- und Prüfaufgaben bleiben dagegen beim Mitarbeitenden.


Kollaborativer Roboter arbeitet dem Menschen zu

Der automatische Produktionsassistent »APAS assistant« von Bosch, der in der Produktion des Unternehmens ISAK in Sachsenheim nahe Stuttgart eingesetzt wird, arbeitet den Mitarbeitern unmittelbar zu. Mit seinem Greifer zieht der APAS assistant die Werkteile des Mitarbeiters zu sich und schiebt sie nach Bearbeitung wieder zurück. So gleicht er die unterschiedliche Reichweite der schwerbehinderten Mitarbeitenden beim Greifen aus. Außerdem benötigen die Beschäftigten aufgrund ihrer unterschiedlichen Einschränkungen individuelle Tischhöhen, die je nach aktueller körperlicher Verfassung im Tagesverlauf variieren können. Kein Problem für den Produktionsassistenten, denn er kann sich mit seinem Roboterarm flexibel an die veränderte Tischhöhe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anpassen – und das sogar im laufenden Betrieb.


Fraunhofer IAO leitet Entwicklung des Mensch-Robotik-Arbeitsplatzes

Im Projekt AQUIAS entwickelt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organi-sation IAO unter arbeitswissenschaftlichen Gesichtspunkten Praxislösungen der Mensch-Roboter-Kollaboration. »Erfolgsfaktor für die menschzentrierte Gestaltung des Mensch-Robotik-Arbeitsplatzes ist die intensive Diskussion gegensätzlicher Gestaltungs-kriterien im Projektteam«, erläutert David Kremer, Koordinator des Projekts. Die größte Herausforderung des interdisziplinären Entwicklungsteams besteht darin, sehr unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen zu integrieren: neben der technischen Mach-barkeit muss der Arbeitsplatz wirtschaftlich sein, attraktive Arbeitsaufgaben bieten und zudem die Inklusion von Schwerbehinderten ermöglichen. Hilfreich ist dabei die Visualisierung der Arbeitsplatzentwürfe mittels CAD und virtueller Realität. Sie beschleunigt und vereinfacht die Entwicklung und bietet den schwerbehinderten Produktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Anforderungen direkt im Gestaltungsprozess einzubringen.


ISAK setzt Robotik mit schwerbehinderten Beschäftigten in der Düsenmontage ein

Die Integrationsfirma ISAK beschäftigt derzeit 80 überwiegend schwerbehinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einfachen Montage- und Qualitätsprüfungstätigkeiten. Das Unternehmen befindet sich – wie die gesamte Branche – in einem zunehmenden Spannungsfeld zwischen Inklusionsanspruch und Wirtschaftlichkeit. »Der Mensch-Robotik-Arbeitsplatz dient auf der einen Seite dazu, mehr Schwerbehinderte in der Düsenmontage einsetzen zu können. Auf der anderen Seite erhöht er unsere Flexibilität und trägt zur Anforderungsvielfalt der Arbeit bei«, stellt Thomas Wenzler, Geschäftsführer der ISAK fest. Der Mensch-Robotik-Arbeitsplatz bietet einen entscheidenden Vorteil: Auch Beschäftigte mit nur einem einsetzbaren Arm können die Düsenmontage jetzt ausführen. Das war beim ursprünglichen Arbeitsplatz, einer Handhebelpresse, nicht möglich. Ein wichtiger Beitrag von ISAK im Projekt AQUIAS ist es, die Gestaltungsziele der Aufgabenvielfalt und der ergonomischen Entlastung in den Entwicklungsprozess einzubringen. Zu diesem Zweck analysierte ISAK die Behinderungsarten in der eigenen Belegschaft, um individuelle Unterstützung für die am Robotik-Arbeitsplatz eingesetzten Mitarbeitenden zu ermöglichen.

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Die Sensorhaut des Roboters erkennt, wenn sich ein Mensch im Nahbereich befindet. Die Maschine stoppt, bevor es zu einer Berührung kommt.
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Der Arbeitsplatz passt sich flexibel an die jeweilige Arbeitssituation als auch an die individuellen Bedarfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. So kann der Roboterarm sich auch im laufenden Betrieb flexibel an die ver-änderte Tischhöhe anpassen.
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Den ursprünglichen Arbeitsplatz, eine Handhebelpresse, konnten Beschäftigte mit nur einem einsetzbaren Arm nicht bedienen. Am neuen Arbeitsplatz unterstützt der Roboter »APAS assistant« Mitarbeiter mit individuell körperlichen Einschränkungen.

Bosch passt Technologie und Sicherheitssysteme der Robotik an

Bosch stellt als Partner im Projekt AQUIAS den »APAS assistant« nicht nur als Hersteller zur Verfügung, sondern übernimmt gleichzeitig die Aufgabe, den Produktionsassistenten an die Fertigungsumgebung der Firma ISAK anzupassen. »Seine speziell von Bosch entwickelte Sensorhaut erkennt, wenn sich ein Mensch im Nahbereich befindet; die Maschine stoppt, bevor es zu einer Berührung kommt«, erklärt Wolfgang Pomrehn, Produktmanager für die APAS Produktionsassistenten bei Bosch. Das zertifizierte Sicherheitskonzept berücksichtigt alle vorgeschriebenen Sicherheitsstandards für die Mensch-Roboter-Kollaboration. Um spezielle behinderungsbedingte Risiken auszuschließen, wird zudem eine individuelle Risikoanalyse mit jedem Einzelnen durchgeführt, der am Robotik-Arbeitsplatz arbeiten soll. Daraus werden zusätzliche personenbezogene Sicherheitsmaßnahmen abgeleitet.

 

Fraunhofer IPA entwickelt intelligente Unterstützungsfunktionen des Robotik-Arbeitsplatzes

»Ziel ist es, die Flexibilität des Roboters nicht nur für die Bearbeitung individueller Produkte zu nutzen, sondern auch für die Unterstützung individueller Mitarbeiter« macht Christian Henkel, Projektleiter auf Seiten des Fraunhofer-Instituts für Produktionstech-nik und Automatisierung IPA, deutlich. Um intelligente Service-Funktionen des Roboters optimal auf den Unterstützungsbedarf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuzuschneiden, entwickelt das Fraunhofer IPA eine Digitalisierungs-Roadmap für die Mensch-Roboter-Kollaboration. Darin wird Schritt für Schritt aufgezeigt, wie Unternehmen die digitale Vernetzung von Robotik-Arbeitsplätzen mit der Produktionsumgebung ausbauen und für intelligente Unterstützungsfunktionen nutzen können. Langfristig soll dies dazu beitragen, Win-win-Lösungen für die Balance der Mensch- und Technik-zentrierung in Mensch-Roboter-Arbeitssystemen zu entwickeln und die digitale Vernetzung von Robotik-Arbeitsplätzen mit den intelligenten Systemen der Industrie 4.0 voranzutreiben.


Demonstrationstag des Projekts AQUIAS am 10. Mai 2017

Wie die Zusammenarbeit der schwerbehinderten Produktionsmitarbeiter mit dem automatischen Produktionsassistenten im laufenden Betrieb konkret abläuft, hat das Projektteam von AQUIAS am 10. Mai 2017 in der Firma ISAK gGmbH in Sachsenheim bei Stuttgart gezeigt. Neben einer Live-Demonstration des Mensch-Roboter-Arbeitsplatzes in der Düsenmontage von ISAK erfuhren die Veranstaltungsbesucher mehr über die Entwicklung, Technologie und Sicherheitssysteme der Mensch-Robotik-Lösung.

Das Forschungsprojekt AQUIAS wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe betreut. Geförderte Partner des Verbundprojekts sind neben dem Fraunhofer IAO die ISAK gGmbH, die Ro-bert Bosch GmbH und das Fraunhofer IPA.

 

Informationen für Journalisten und Medienvertreter zum Projekt »AQUIAS«

Der Einzug der Roboter in die Produktionshallen deutscher Unternehmen ist bereits in vollem Gange. Die neueste Generation von Sicherheitssensorik in Robotern ermöglicht eine völlig neue Organisation der Produktionsarbeit ohne Schutzzaun. Doch wie kann die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Roboter so gestaltet werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktive Aufgaben erhalten? Das Projekt AQUIAS geht diese Fragen im Span-nungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Teilhabe an attraktiver Arbeit an. Wie die neuen Chancen der barrie-refreien Mensch-Roboter-Kooperation speziell für schwerbehinderte Personen genutzt werden können, ist ein weiterer Schwerpunkt des Projekts AQUIAS. Die individuelle Unterstützung von schwerbehinderten Produktions-mitarbeitern durch mobile Produktionsassistenten verspricht Teilhabe an Arbeit für diese Personengruppe, aber auch Lernpotenzial für die Unterstützung normal leistungsfähiger Mitarbeiter durch Robotik.


Webseite:
http://www.aquias.de/

Bildmaterial

Die nachfolgenden Bilder können kostenlos im Rahmen der Berichterstattung zum Projekt »AQUIAS« verwendet werden. Hochaufgelöste Dateien erhalten Sie auf Anfrage von presse@iao.fraunhofer.de. Die Angabe der Quellen-hinweise ist verpflichtend. Um ein Belegexemplar wird gebeten. Die Bilder dürfen ausschließlich für redaktionelle Berichterstattung und weder für Werbung noch für Handelszwecke verwendet werden. Eine Weitergabe, das Ko-pieren, das Bearbeiten sowie der Einsatz auf Webseiten, die nicht der redaktionellen Berichterstattung dienen, sind nicht gestattet.